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Moderiert durch Hanna Legatis stellten sich im Kulturzentrum Faust am vergangenen Montag fünf der zehn zur OB-Wahl in Hannover zugelassenen Kandidat*innen den Fragen der Bürger*innen. Der Kandidat der SPD, Marc Hansmann, ließ sich durch Alptekin Kirci (MdL) vertreten. Zusammen mit Iyabo Kaczmarek (parteilos), der Regionsabgeordneten Jessica Kaussen (Die Linke), Belit Onay (MdL, Bündnis 90/Die Grünen) und dem Ratsherrn Bruno Adam Wolf (Piratenpartei Hannover) stellte er sich auf dem Podium den kritischen Fragen der Moderatorin und des Auditoriums. Eine Frage aus dem Publikum an Bruno Adam Wolf und Iyabo Kaczmarek gegen Ende der Veranstaltung brachte die derzeitige Situation ungewollt auf den Punkt: “Warum kandidiert ihr, wenn ihr doch nur dem Grünen Belit Onay die Stimmen wegnehmt?”

Dass sich bei dieser Oberbürgermeisterwahl in Hannover gleich mehrere Bürger*innen ohne Parteizugehörigkeit ins Rennen bringen, zeigt beispielhaft, dass Hannovers engagierte demokratische Bürgerschaft auch jenseits politischer Parteien agieren will und kann. Iyabo Kaczmarek gab dann dem Frager auch recht leidenschaftlich eine passende Antwort: “Das ist Demokratie!” antwortete sie, “ich will den Menschen Mut machen, dass sie sich auch jenseits der politischen Parteien engagieren und unsere Stadt mitgestalten können.”

Da weder Marc Hansmann (er wurde ja durch seinen Parteigenossen Alptekin Kirci vertreten) noch Eckhard Scholz gekommen waren, “grillte” Hanna Legatis die einzelnen Kandidat*innen zwar zu teils brisanten Themen der Stadtpolitik in Hannover, eine wahrhaft kontroverse Diskussion ergab sich jedoch zu keinem der Themen. Aber auch ohne Kontroverse bot sich dem Publikum ein interessanter Abriss der Ideen, Ziele und geplanten Vorgehensweisen der anwesenden Kandidat*innen. Denn der gemeinsame Tenor lautete: “Kein weiter so!” Die Ideen dazu waren vielfältig und inspirierend. Iyabo Kaczmarek postete dann auch am nächsten Morgen ein Foto der Podiumsdiskussion auf Facebook mit dem Text: “Debatte – Die Handlungsdepression der Politik beenden, Mut zu neuen Strukturen”.

Angst vor “dem Fremden”?

Hanna Legatis thematisierte gleich zu Beginn der Veranstaltung den kürzlich erfolgten Anschlag auf eine jüdische Synagoge in Halle. Es ging um Rassismus, Sicherheitsdienste, “gefühlte” Sicherheit und Angst. Dass rechte Tendenzen effektiver bekämpft werden müssen, Zivilcourage und Solidarisierung mit der jüdischen Gemeinde jetzt angesagt sind, vertraten die Kandidat*innen einmütig.

Beim nächsten Themenkomplex, “Obdachlosen-Szene”, wurde klar, dass die Themen Ordnungsdienste und Kriminalitätsbekämpfung von den hier anwesenden OB-Kandidat*innen jedoch etwas differenzierter angegangen werden. Es geht ihnen mitnichten darum, dass “Ordnung” geschaffen wird. Eine sinnvollere Lösung für alle “Problemgruppen” in der Gesellschaft sehen sie im Ausbau von Sozialdiensten und einer Inklusion aller Menschen in niedrigschwellige Kultur- und Bildungsangebote.

Integrationsplan soll Teilhabe-Plan werden

Das Anliegen von kargah e.V., Faust e.V., dem MiSO-Netzwerk und vielen weiteren Organisationen, dem Lokalen Integrationsplan wieder mehr Gewicht zu verleihen, wurde von allen anwesenden Kandidat*innen unterstützt. Während Belit Onay den lokalen Integrationsplan zu einem echten Teilhabe-Plan machen will, betonten Iyabo Kaczmarek und Jessica Kaussen die zahlreichen Möglichkeiten, auch durch kleinteilige Projekte und Maßnahmen Brücken zwischen Menschen aller Kulturen zu bauen. Bruno Adam Wolf wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass noch immer zu wenig Angebote an Sprachkursen existierten. Auch bemängelte er die nicht existierende Mehrsprachigkeit in der hannoverschen Stadtverwaltung, zum einen beim Personal, aber auch in der Selbstdarstellung der Landeshauptstadt. Da zurzeit jedoch sowieso ein umfangreicher Dezernentenwechsel anstehe, sei hier gerade vieles offen und möglich.

Willkommenskultur für Fahrradfahrer?

Das aktuelle Thema Klima wurde von allen Beteiligten mit innovativen Ideen und unter Anführung bewährter Beispiele aus anderen Städten diskutiert. Dass andere Städte in Deutschland und auch in Europa längst experimentierfreudiger und den Menschen zugewandter agieren, war allen bewusst. Dass Hannover nach wie vor eine Autostadt ist, die nur umsichtig unter Einbeziehung aller Bürger*innen einen schrittweisen Wandel wagen sollte, ebenfalls. Ob Velo-Routen, Fahrradspuren, Solar-Fahrradwege, Parkhäuser für Fahrräder oder mehr begrünte Begegnungsräume in der Stadt. Dass der Mensch wieder im Mittelpunkt stehen muss, finden alle.

Fragen aus der Bürgerschaft

Bei den Fragen aus dem Publikum, ob zur Verstaatlichung von Kleingärten, Kitagebühren oder Kostenerhöhung für ausländische Studierende, Müllentsorgung oder Ausbau des Stadtbahnnetzes, konnten die Kandidat*innen nur mit beratender Hilfestellung aufwarten. Noch sind alle ja “nur” Kandidat*innen.

Der Konsens, zumindest aller Gesprächspartner*innen auf dem Podium, schien ein großer Wunsch nach Dialog mit den Menschen, die in Hannover leben, zu sein. Nicht alle Themen der Veranstaltung mit Hanna Legatis wurden hier in diesem Beitrag abgehandelt. Da aber gerade alle Kandidat*innen im Wahlkampfmodus sind, werden sie sich über Anfragen für ausführlichere Gespräche freuen. Über Instagram oder Facebook sind die Protagonist*innen direkt zu erreichen. Sie beantworten gerne Fragen zu den Plänen in ihrer Zukunft als Oberbürgermeister*in.

(Text: Claudia Ermel/welt-in-hannover.de)