Das menschliche Dasein in digitalen Zeiten wird ja begleitet von einem Dauerrauschen aus Sprache, Worten, Meinungen. Es ist eine Kakophonie, es ist alles zu viel. Je mehr gesprochen und geschrieben wird, desto weniger wird bisweilen gesagt.
Die Berliner Band Neànder hat keine Worte. Die Gitarristen Jan Korbach, Michael Zolkiewicz und Patrick Zahn sowie der Schlagzeuger Flo Häuser sprechen vielmehr durch ihre Instrumente. Das ist kein Klischee, sondern hör- und fühlbar in der neuen Neànder-Single “Ultra”. “Ultra” ist die erste Single aus dem dritten Neànder-Album “III”, das im November 2024 erscheint. Der Song beginnt mit einem auf melancholische Weise atmosphärischen Piano, das hier beinahe unschuldig klingt. In diese Idylle bricht ein Sturm hinein, eine martialische Urgewalt in Form einer riffgetriebenen Wall of Sound, die wiederum von einer Melodie überlagert wird, und wie ein aufgepeitschtes Meer abwechselnd vorwärtsstürmt und zurückweicht. Der Blick wird klar und weitet sich, das majestätische Riff ist in der Tat: ultra.
Alles ist jetzt in Bewegung, man denkt an endlose Landschaften und unbekannte Welten. Und wenn wir übrigens in diesem Text bislang auf Genrezuordnungen verzichtet haben, liegt das daran, dass Neànder auf sinnvolle Weise keinem Genre zuzuordnen sind. Natürlich ist diese Musik irgendwie Postrock, Grunge, Metal, Prog, Ambient und sogar Pop – gleichzeitig aber eben auch nicht.
Man muss sich diese neue Neànder-Musik vielleicht ein bisschen so vorstellen, als würden Godspeed You! Black Emperor, Prong, Mogwai, Black Sabbath, Faith No More und Venom 2024 eine gemeinsame Session spielen und heraus käme dieser Song. Neànder entfachen eine reinigende Kraft, bis diese irrsinnig körperliche Musik auf wundersame Weise das Chaos im Kopf vertreibt. Plötzlich erscheint alles ganz klar. Und dann geht’s wieder von vorne los. Bald ist November. Es wird ein guter Herbst.
(Foto: Christoph Voy)
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