30 Jahre Asylbewerberleistungsgesetz
Ein Leben unter dem Existenzminimum soll Geflüchtete abschrecken. Podiumsdiskussion
Vor 30 Jahren, im Mai 1993, trat das Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft. Dieses Gesetz schränkt Menschen im Asylverfahren und Geflüchtete mit Duldung in ihren sozialen Rechten stark ein. Das Gesetz ist als Teil des sogenannten “Asylkompromisses” zwischen den damaligen Regierungsparteien CDU/CSU und FDP sowie der Oppositionspartei SPD ausgehandelt worden mit dem Ziel, schutzsuchende Menschen von Deutschland fern zu halten. Die Leistungen für Geflüchtete liegen zum Teil deutlich unter den Hartz 4-Leistungen, die das Bundesverfassungsgericht als Maßstab für das Existenzminimum herangezogen hat. In den ersten 15 Monaten – und zuweilen auch länger – findet eine Gesundheitsversorgung nicht über die Krankenkassen statt, was immer wieder zu Schwierigkeiten bei der angemessenen medizinischen Behandlung führt. Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Juli 2012 das Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt. “Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren”, stellte das BVerfG kategorisch fest. Trotzdem ist dieses offensichtlich grundgesetzwidrige Gesetz bis heute nicht abgeschafft.
Die Bundesregierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung angekündigt, das umstrittene Asylbewerberleistungsgesetz “im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts” weiterzuentwickeln. Auch die Gesundheitsvorsorge soll unbürokratischer erfolgen. Was das genau bedeutet, ist bis heute unklar – denn die konsequente Umsetzung der Rechtsprechung wäre die Abschaffung des diskriminierenden Sonderleistungsregimes. Anlässlich der Kampagne zur Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetz wird der Flüchtlingsrat Niedersachsen in einer Podiumsdiskussionen mit Andrea Kothen von Pro Asyl, der Bundestagsabgeordneten Filiz Polat von Bündnis90/Die Grünen und einer Rechtsanwältin. Die Redner*innen werden die ausgrenzenden und diskriminierenden Wirkungen des Gesetzes auf Geflüchtete darstellen, eine verfassungs- und sozialrechtliche Bewertung vornehmen und Strategien mit dem Ziel der Abschaffung des Gesetzes debattieren.
Eine Veranstaltung des Niedersächsischen Flüchtlingsrates.